Der Verein

Nach dem Amoklauf in Winnenden 2009, als die Diskussion über Killerspiele und die Rolle der Medien erneut aufflammte, begründeten Dr. Bojan Godina (Medienpädagoge), Harald Grübele (Filmemacher) und Leo Keidel (Kriminalprävention) das Konzept für den heutigen Medienscout. Von Anbeginn an war das Medienscout-Konzept interdisziplinär aufgebaut. Unterschiedliche Fachleute (Pädagogen, Psychologen, Suchtexperten, Medienmacher, Präventionsexperten, Juristen u.a.) sollten den Medienscouts helfen in kurzer Zeit Medienkompetenz zu vermitteln. Zweitens sollen die Schüler die Möglichkeit bekommen, durch eine medientechnische Förderung, eigene kreative Medieninhalte herzustellen. Drittens fühlen sich die Gründer einer werteorientierten Medienpädagogik verpflichtet, die sich konsequent an den Menschenrechten orientiert. Das Wohl der Kinder in allen Aspekten (körperlich, geistig, seelisch und sozial) steht somit bei der Arbeit des Medienscout e.V. im Mittelpunkt. Medien sind in unserer Zeit nicht mehr wegzudenken und dennoch sollten sie unser Leben nicht beherrschen. Deshalb besteht das Ziel der Medienscout-Ausbildung darin, Heranwachsende in ihrer Medienfaszination zu begleiten und dabei ein tieferes systemisches Verständnis hinsichtlich mancher Problemfelder und Gefahren der Medienwelten und des Medienkonsums zu vermitteln.

Die UN-Kinderrechtskonvention weist in mehreren Paragrafen ausdrücklich darauf hin, dass das Wohl des Kindes ganzheitlich und zwar in seinen körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Aspekten geschützt werden muss (Art. 27,1; 29,1a; 32,1, UN-Kinderrechtskonvention, 1989).

un_logo_white_bkg
978-3-86805-012-7

Zwischen 2004 und 2007 erforschte Dr. Bojan Godina, im Rahmen seiner Doktorarbeit (Heidelberger Dissertation) den Nutzen der "peer education" im Bereich der Medienbildung, als er mehrere Jugendliche ca. 20 Std. ausbildete und sie an verschiedenen deutschen Schulen pädagogische Interventionen (mediale Präsentationen) zur Medienkompetenz durchführen ließ. Die Forschung zeigte, dass es in Zukunft notwendig sein wird, neben der gründlichen Aufklärung hinsichtlich der medialen Manipulationsmethoden auch eine an den Menschenrechten orientierte Medienpädagogik zu entwickeln.

Harald Grübele hat zu der Zeit mit Vimotion vermehrt im Kinderfilmbereich bei werteorientierten Filmproduktionen mitgewirkt (Herr der Diebe, Prädikat: wertvoll) und nach neuen werteorientierten Konzepten Ausschau zu halten. Ebenso entwickelte zu der Zeit der Kriminalpräventionsexperte Leo Keidel das später preisgekrönte Medienpaket "Gewalt ist keine Lösung".

Im April 2009, kurz nach dem Amoklauf in Winnenden, hielt Dr. Bojan Godina in der alten Kelter in Winnenden auf die Initiative einiger Winnender Bürger eine Vortragsreihe zu dieser medialen Aufklärungsarbeit. Kriminalhauptkommissar Leo Keidel lud Bojan Godina ein, diesen Ansatz der medialen "peer education" in Winnenenden nun in gemeinsamer Kooperation umzusetzten. Der Filmemacher Harald Grüble schloss sich diesem Vorhaben an. So wurde dieses Know How der drei unterschiedlichen Fachleute im Medienscout-Projekt vereint. Zudem wurden weitere Mitarbeiter aus den Bereichen des Medienrechts, der Suchtberatung, des Marketings und der Filmproduktion erfolgreich in die Ausbildung integriert. Die neue Grundausbildung wurde auf 40 Stunden konzipiert und darüber hinaus wurden weiterführende Aufbaukurse erstellt. Durch das Heidelberger-Winnender Konzept ist ein interdisziplinärer Ansatz der Medienscout-Ausbildung entstanden, der durch den Wissens- und Erfahrungsreichtum von Fachleuten unterschiedlichster Richtungen den Schülern eine effektive gabenorientierte Ausbildung in werteorientierter Medienpädagogik ermöglicht, bei der sich die Medienscouts gemäß ihrer Gaben, Persönlichkeiten und Interessen schon während der einheitlichen Grundausbildung eigene Schwerpunkte auswählen können. Aufbauend auf diesem Konzept wurde dann im Januar 2012 der gemeinnützige Medienscout e.V. gegründet und konnte im gleichen Jahr den Schutzbengel Award der Rummelsberger Dienste für Menschen GmbH, zum Thema "Social Media Jugend", gewinnen.

Ein Medienscout ist ein medienpädagogisch ausgebildeter Schüler, der einerseits selbst eine hohe Affinität und Faszination für die Medien besitzt und es andererseits versteht, gleichaltrige bzw. jüngere Mitschüler mit Hilfe multimedialer Präsentationen im Bereich der Medienkompetenz zu unterrichten und zu sensibilisieren, indem er mediales Hintergrundwissen vermittelt (z. B. über: Soziale Netzwerke, Computerspiele, Film, Medienindustrie) und über Gefahren und unerwünschte Nebenwirkungen (Manipulationsmethoden, Sucht, Internetfallen) aufklärt. Der Begriff "Scout" findet dabei seine Anlehnung an den Pfadfindergedanken. Es geht dabei also vor allem um das "Beobachten" und "Aufklären". So werden Kinder und Jugendliche durch die von uns ausgebildeten Medienscouts, in verschiedenen Unterrichtstunden, in ihrem Umgang mit Medien geschult, aufgeklärt und gestärkt.

Schulen und Gruppen

Durch eine gezielte Gegenüberstellung von Medien, der Lebenswelt der Jugendlichen und persönlichen ethischen Überzeugungen soll ein Nachdenken über die eigenen Wertevorstellungen im Hinblick auf die verschiedenen Medieninhalte angeregt werden. Dabei ist das Konzept der "peer education" ein wirkungsvolles Mittel zur Kompetenzvermittlung, da sich die zu unterrichtenden Schüler und die Medienscouts lebensweltlich nahestehen, sich von daher verstehen und bekanntermaßen eine andere Akzeptanz genießen als deutlich ältere "Ausbilder". Zudem besitzen Heranwachsende eine hohe Authentizität was ihre Begeisterung für Medien betrifft (die meisten der Medienscouts sind, was ihre Medienfaszination und ihre Medienkenntnis betrifft, überdurchschnittlich begabt) und sind daher glaubwürdige Ansprechpartner. Mithilfe dieses differenzierten und authentischen Zugangs, gepaart mit der persönlichen Ausstrahlung der Medienscouts, können Jugendliche das Handwerkszeug für einen faszinierenden, aber dennoch selbstbestimmten, kritischen und reflektierten Medienkonsum erlernen. Medienkompetenz ist nach unserer Philosophie dann vorhanden, wenn eben die medientechnische Kompetenz und die Begeisterung für die Medien auf eine reflektierte kritische Haltung treffen. Zudem üben Medienscouts durch ihre Medienkompetenz und gewollte Werteorientierung über das primär schulische Lernsetting hinaus einen positiven Einfluss auf ihren Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis aus.

Zielgruppe der Ausbildung zum Medienscout sind Schüler der 7./8. Bis 13. Jahrgangsstufe aller Schulformen.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Medienscout Konzept haben gezeigt, dass der Kompetenz- und Wertebildungsprozess der Schüler positiv angeregt wird.

Dies hat folgende Gründe:

  • Der Unterrichtsstoff ist wissenschaftlich aufgearbeitet und interdisziplinär systematisiert.
  • Die multimedialen Präsentationen können - im Gegensatz zu Schulbüchern - permanent mit neuen Beispielen aus der medialen Lebenswelt der Jugendlichen aktualisiert werden.
  • Die Medienscouts sind selbst noch Jugendliche und haben dadurch eine hohe Akzeptanz bei ihren Mitschülern.
  • Die Medienscouts werden begleitet und gefördert.
  • Das Medienscout-Konzept wird ständig evaluiert, optimiert und erweitert.
  • Es wurde ein wissenschaftliches Konzept entwickelt, welches es ermöglicht, die eigenen Wertevorstellungen mit den Menschenrechten in Verbindung zu bringen.
  • Der Wertebildungsprozess wird – bevor er mit den Menschenrechten in Zusammenhang gebracht wird – zunächst in Spielesettings anhand eigener Gerechtigkeitsvorstellungen angeregt und bewusst gemacht.
  • Eigene Wertevorstellungen bzw. ethische Überzeugungen, die mit den Menschenrechten übereinstimmen, können auf die eigenen Lebenswelten (inkl. Medieninhalte) intrinsisch motiviert angewendet werden.